
Ein Nein zu Rassismus und Fundamentalismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit
Nach einem ersten Projekttag zu diesen Themen, der am 27.6.24 mit den Schüler*innen der heutigen Q4-Phase durchgeführt wurde, stand am 3.4.25 ein erneuter Projekttag „Rassismus, Fundamentalismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit“ für die jetzige Q2-Phase an. Er wurde von der Fachgruppe Religion organisiert; in der Organisation und Betreuung waren die Kolleginnen und Kollegen Ackar, Angelberger, Busch-Frevert, Karaer, Dr. Krieger, Niedenführ und Pestinger aktiv. Der Projekttag begann in den Nebenräumen der Mensa mit einem Grußwort von Frau Stegmüller und einleitenden Ausführungen von Herrn Dr. Krieger. Danach waren die Schüler*innen in einzelnen Workshops tätig: Herr Dr. Mohammed Johari, Imam der Islamischen Informations- und Serviceleistungen e. V., leitete den Workshop „Islamfeindlichkeit“, Herr Iakobi Manasherov vom Jüdischen Museum den Workshop „Antisemitismus I“, Frau Petra Kunik, die Frankfurter Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, den Workshop „Antisemitismus II“ und Herr Dr. Martin Krieger den Workshop „Fundamentalismus“. Abgeschlossen wurde der Projekttag von einem „Markt der Möglichkeiten“, auf dem die Schüler*innen von den Ergebnissen der einzelnen Workshops berichteten und weiter über deren Themen diskutierten.
Im Folgenden berichten die Schülerinnen Fiona, Karla und Daria und der Schüler Tim vom Verlauf der einzelnen Workshops:
Bericht zum Workshop Fundamentalismus: „Reflexive Aufklärung und interkulturelle Dialoge als philosophische Antworten auf Fundamentalismus“
Am 3. April haben wir, die Q2, an verschiedenen Workshops Antisemitismus (Frau Kunik, Herr Manasherov), Fundamentalismus (Herr Dr. Krieger) und Islamfeindlichkeit (Herr Dr. Johari) teilgenommen. Der von Herrn Dr. Krieger organisierte Projekttag begann mit einer Vorstellung aller Gäste und ein paar einleitenden Worte. Daraufhin begaben wir uns in vorher gewählte Workshops zu den verschiedenen Themen.
Im Workshop „Reflexive Aufklärung und interkulturelle Dialoge als philosophische Antworten auf Fundamentalismus“ haben wir gemeinsam mit Herrn Dr. Krieger herausgearbeitet, wie fundamentalistische Denkweisen von einem absoluten und unveränderlichen Wahrheitsstandpunkt ausgehen. Hierbei stechen die wörtliche Interpretation von heiligen Schriften, eine Ablehnung der Moderne und der Versuch, eigene Prinzipien in der staatlichen Gesetzgebung zu verankern, als Merkmale des Fundamentalismus heraus.
Weiterhin haben wir uns mit dem historischen Kontext der Epoche der Aufklärung beschäftigt, die die Erkenntnis und das Selbstdenken in den Vordergrund stellte und somit zu einer reflexiven Aufklärung anregt. Auch von Bedeutung war es für uns, die Möglichkeit zu interkulturellen Dialogen zu ermöglichen. Dazu gehörte das Befreien der Darstellung von Geschichte und philosophischen Begriffen von europäischen Blickweisen, ausschließlich abendländischer Philosophie und Rassismus, um einen vielschichtigen Dialog öffnen zu können.
Im zweiten Teil unseres Projekttages haben wir uns in vier Gruppen mit verschiedenen Beispielen der Herausforderung, die der Fundamentalismus darstellt, beschäftigt.
Zum einen haben wir uns der Thematik gewidmet, ob muslimische Lehrerinnen an öffentlichen Schulen ein Kopftuch tragen dürfen. Unsere Gruppe kam zu dem Schluss, dass die religiöse Anforderung ein Kopftuch zu tragen, die Möglichkeit eröffnet, dass junge muslimische Schülerinnen jemanden haben, mit dem sie sich identifizieren können; und weil die Freiheit einer muslimischen Frau nicht eingeschränkt wird, wenn sie eine freie Entscheidung trifft, tragen alle dazu bei, dass der Konflikt zwischen staatlicher Neutralitätspflicht und persönlicher Freiheit zugunsten der persönlichen Freiheit ausschlägt.
Außerdem wurde sich damit beschäftigt, ob Kirchen verlangen dürfen, dass alle ihre Mitarbeiter*innen einer christlichen Konfession angehören. Die Gruppe kam zu dem Schluss, dass die Kirche als private Institution dies schlussendlich festlegen kann; jedoch sollten Positionen innerhalb einer Kirche, die nicht mit kirchlichen Aktivitäten assoziiert werden, jedem freistehen.
Unter anderem stand auch die Verteilung von Gratis-Koranen durch Salafisten zur Frage und die Überlegung, ob Stadtverwaltungen dies verbieten sollten. Die Schüler*innen einigten sich darauf, dass, solange keine Inhalte gesetzes- oder verfassungswidrig sind, ein Verteilen von Gratis-Koranen kein Problem darstellt.
Die letzte Gruppe widmete sich dem Umgang mit antisemitischen, anderen rassistischen und intoleranten Äußerungen an deutschen Schulen. Zum einen stach heraus, dass das Kennenlernen von Kulturen, Religionen und anderer gesellschaftlichen Gruppen grundsätzlich wichtig ist, um alle Menschen wertzuschätzen. Verhalten sich Schüler*innen intoleranter gegenüber anderen, soll hierbei konsequent mit einer Bestrafung durchgegriffen werden, jedoch sollte auch gerade dann die Sensibilisierung für andere Kulturen erneut von der Schule ermöglicht werden.
Auch im Austausch mit der ganzen Jahrgangstufe war man sich hier schnell einig: Um Probleme und Konflikte zu lösen, die zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen entstehen, ist es wichtig, dass man allen beteiligten Meinungen ein Ohr schenkt und in einen offenen Austausch geht. Egal ob Parteien fundamentalistische Einstellungen besitzen oder nicht.
Karla
Bericht zum Workshop Islamfeindlichkeit:
Am 03.04.2025 hat unsere Schule eine schöne Möglichkeit bekommen, sich mit den unterschiedlichenBereichen der Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten auseinanderzusetzen. Ich hatte dieGelegenheit bei dem Vortrag von Mohammed Naved Jahari zuhören zu dürfen, in welchem es um dieDiskriminierung des Islam ging.
Gleich zu Beginn betonte Herr Johari, dass Rassismus und Vorurteile oft aus Unwissenheit entstehen. VieleMenschen hätten einfach nie die Gelegenheit, mit Muslimen persönlich zu sprechen, und bezögen ihr Wissennur aus Medien, in denen oft extreme Fälle gezeigt werden. Wenn man nicht miteinander redet, füllt sich dieWissenslücke leicht mit Klischees und Ängsten, erklärte er.
Um dem entgegenzuwirken, brauche es Aufklärung und offenen Dialog, gerade in Schulen. Herr Johari sagte, Schulen müssten ein Ort sein, an dem über Religion und unterschiedliche Lebensweisen gesprochen werden kann, ohne Scheu und Vorurteile. Vielen von uns wurde klar, dass wir tatsächlich kaum über solche Themen reden – weder im Unterricht noch privat.
Ein zentrales Thema des Vortrags war, wie es sich anfühlt, als Minderheit ständig unter Druck zu stehen. Johari sprach über Repräsentation und Empowerment: Er erklärte, wie wichtig es ist, dass auch muslimische Jugendliche positive Vorbilder haben und sich in der Gesellschaft sichtbar fühlen. Fehlt diese Repräsentation, fühlen sich Betroffene oft verdrängt. Dieses Gefühl, nicht dazuzugehören, kann so weit gehen, dass junge Menschen anfangen, Teile ihrer Identität zu verstecken.
Um das zu verhindern, brauche es eine liebevolle und akzeptierende Umgebung, betonte Herr Johari. In einer Atmosphäre, in der Vielfalt normal und willkommen ist, traut man sich, zu seiner Herkunft und Religion zu stehen. Er rief uns dazu auf, in unserem Schulalltag aufmerksam zu sein: Fühlt sich jemand ausgeschlossen? Machen wir vielleicht selbst Witze, die andere verletzen?
Im Vortrag fiel immer wieder ein Appell, der sich mir eingebrannt hat: Man darf Menschen nicht nach äußeren Merkmalen in Schubladen stecken. Herr Johari machte klar, wie unfair und verletzend es ist, jemanden allein wegen seines Kopftuchs, Namens oder seiner Hautfarbe zu bewerten. „Seht den Menschen – nicht eure Vorurteile“, sagte er mit Nachdruck. Er gab uns ein Beispiel: Wenn in den Nachrichten von einem Verbrechen berichtet wird, wird oft unnötig die Herkunft oder Religion des Täters erwähnt. Solche Erwähnungen schaffen nur Ängste, aber keinen Mehrwert für die Information. Ein Verbrechen werde nicht begreiflicher, nur weil man weiß, welcher Religion der Täter angehört.
Interessant fand ich, dass Herr Johari auch über die Rolle der Medien sprach. Er kritisierte, wie etwa bei Berichten über Terroranschläge oft schnell das Wort „islamistisch“ fällt, bevor man überhaupt die Hintergründe kennt. Das führe dazu, dass Muslime insgesamt in Verruf geraten, obwohl die Taten von Einzelnen begangen wurden. Gleichzeitig zeigte er aber auch positive Beispiele auf.
Was diesen Vortrag besonders machte, waren die persönlichen Geschichten, die Herr Johari mit uns teilte. Er sprach nicht abstrakt über Diskriminierung – er hat sie selbst erlebt. Um dies zu veranschaulichen, nannte er uns einige Beispiele aus seinem Leben. Eins davon wäre der Fakt, dass es ihm aufgrund von seinem Namen und seiner Religion deutlich schwerer gefallen ist, einen Beruf zu finden.
Ein weiteres Beispiel ist außerdem die Moschee, in der Herr Johari arbeitet. Diese wird oft ausgegrenzt und ignoriert, obwohl die islamische Vertretung und Repräsentation in den Gesprächen und Diskussionen über bspw. den Terroranschlag in Hanau sehr wichtig ist.
Nach gut zwei Stunden endete der Vortrag – aber die Diskussion noch lange nicht. In der Pause hörte ich überall angeregte Gespräche. Man merkte: Das Gesagte hatte wirklich etwas in uns bewegt.
Persönlich gehe ich mit einem warmen Gefühl aus dieser Veranstaltung. Ich habe verstanden, dass hinter großen Begriffen wie Islamfeindlichkeit echte Menschen und echte Geschichten stehen. Und ich habe gelernt, dass wir alle, egal welcher Herkunft oder Religion, unseren Beitrag leisten können, damit sich niemand in unserer Gemeinschaft ausgeschlossen fühlt.
Dank an Dr. Mohammed Naved Johari, der uns mit seiner Expertise und einfühlsamen Art die Augen geöffnet hat. Sein Vortrag war kein trockener Frontalunterricht, sondern ein ehrlicher Austausch auf Augenhöhe. Als Schülerin habe ich selten erlebt, dass ein Gastredner uns Jugendliche so ernst nimmt. Es war bewegend und aufrüttelnd – ein Erlebnis, das unsere Schulgemeinschaft noch lange positiv prägen wird.
Daria
Berichte zu den Antisemitismus-Workshops:
Der Workshop zum Thema Antisemitismus wurde von Petra Kunik durchgeführt. Zunächst erläuterte sie den Begriff Antisemitismus, der als Sammelbegriff für unterschiedlich motivierte antijüdische Einstellungen und Handlungen verstanden wird. Sie erklärte, dass Antisemitismus nicht nur in offenem Hass, sondern auch in unterschiedlichen Formen wie Vorurteilen und Stereotypen auftreten kann.
Im Anschluss teilte Petra Kunik ihre persönlichen Lebenserfahrungen und berichtete von verschiedenen Formen der Diskriminierung, die sie selbst erfahren hatte. Um die Thematik anschaulicher zu machen, zeigte sie uns zwei Filme: „Kippa“ und „Schwarzfahrer“. Der Film „Kippa“ basiert auf einer wahren Begebenheit und erzählt die Geschichte eines jüdischen Schülers, der aufgrund seiner Religion von seinen Mitschülern gemobbt, misshandelt und diskriminiert wird. Dabei wird deutlich, dass die körperlichen Verletzungen, die er erleidet, weit über das Physische hinausgehen.
Der Film „Schwarzfahrer“ setzt sich mit der Diskriminierung gegenüber schwarzen Menschen auseinander. In diesem Kurzfilm wird ein schwarzer Mann in einem öffentlichen Verkehrsmittel von einer weißen Frau aufgrund seiner Hautfarbe diskriminiert. Durch diese Darstellung wollte Frau Kunik verdeutlichen, dass Diskriminierung und Rassismus in vielen verschiedenen Formen auftreten können und dass sie nicht auf eine bestimmte Gruppe oder ein bestimmtes Umfeld beschränkt sind.
Zum Abschluss des Workshops haben wir uns mit dem Gedicht „Freiflug“ von Erich Fried beschäftigt. In diesem Gedicht geht es um das Thema der Freiheit und insbesondere um das Bedürfnis nach unabhängiger Selbstverwirklichung sowie die Sehnsucht nach Befreiung von gesellschaftlichen Normen und Erwartungen. Das Gedicht regt dazu an, über die eigene Freiheit nachzudenken und zu reflektieren, wie diese in einer Gesellschaft, die oft von festen Regeln und Vorstellungen geprägt ist, erlangt werden kann.
Alles in einem war der Projekttag eine wertvolle Gelegenheit, sich intensiv mit Themen wie dem Antisemitismus auseinanderzusetzen, die sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart von Bedeutung sind.
Fiona
Petra Kunik hat mit uns über Hass gegen Juden, aber auch über Rassismus im Allgemeinen gesprochen. Auch hat sie uns von ihren eigenen Erfahrungen berichtet: sowohl von dem Hass, den sie als Jüdin erfahren hat, vor allem aber auch von der Unterstützung, die sie von so vielen Menschen unterschiedlicher Kultur erfahren hat. Das Fazit, welches wir aus den Gesprächen mit ihr gezogen haben, war, dass man mit allen Menschen in den Austausch gehen und diese selber kennenlernen sollte, anstatt sie nur anhand von Vorurteilen zu bewerten.
Im anschließenden Austausch mit den anderen Workshops haben wir festgestellt, dass die anderen ähnliche Fazits gezogen haben. Nämlich: Aufklärung und eigene Erfahrungen verhindern Rassismus!
Tim
Foto: Rolf Oeser

