Erfahrungsbericht: Die Deutsche Schülerakademie – Ein einzigartiges Erlebnis.

Als ich im Frühjahr gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könne, zwei Wochen meiner Sommerferien in der Deutschen Schülerakademie (DSA) zu verbringen, war ich etwas baff. Ich dachte erst, da würden nur Nerds hingehen, die selbst in ihren Ferien nicht genug von der Schule bekommen können. Diese Vorstellung wurde im Nachhinein jedoch gänzlich widerlegt.

Ich las mir also den Programmflyer durch und mir wurde bewusst, dass die Deutsche Schülerakademie nicht eine Akademie ist, sondern über den Sommer verteilt ganz viele Akademien im ganzen Bundesgebiet stattfinden: Jede mit ihrem eigenen Schwerpunkt.

Das Kursangebot, welches von Medizintechnik, über Geschichte bis hin zu Wirtschaftswissenschaften reichte, sprach mich so an, dass ich schließlich zusagte und mich bewarb… beziehungsweise die Schule mich vorschlug, denn es gibt zwei Arten, in die Deutsche Schülerakademie zu kommen:

Einerseits kann jede Schule eine Person vorschlagen, andererseits kann jeder sich auch initiativ selbst um einen Platz bewerben.

Mitte Mai bekam ich also die Zusage für einen Platz in der Schülerakademie China, wo ich den Kurs Chinesische Politik im Wandel der Moderne besuchte. Und so fuhr ich Mitte August für 15 Tage ins 40km entfernte Höchst im Odenwald in ein ehemaliges Kloster, das nun als Jugendbegegnungsstätte dient. 

Dort begann die Akademie mit dem Plenum, einer Versammlung aller Teilnehmer im großen Saal, die mich ab da jeden Morgen begleitete. Unsere Akademieleitung (AL) begrüßte uns und warnte uns vor den unzähligen Abkürzungen, die auf der Schülerakademie gang und gäbe sind: KüA, AKL, DSA, KüChi, AL, CDE, KL, MUN… Was anfangs wie ein Haufen wahllos zusammengewürfelter Buchstaben klang, wurde ziemlich schnell zu einem großen Teil meines Alltags.

Der Kurs

Vom Aufbau her waren die meisten Tage ziemlich ähnlich. Der Tag begann nach dem Frühstück um 09:00 Uhr mit dem morgendlichen Plenum, auf dem über den anstehenden Tag informiert wurde. Dann hatten wir über den Tag verteilt sechs Stunden Kurs, den wir auf drei Blöcke aufteilten. Außerdem hatten wir täglich eine Stunde Chinesisch-Intensivunterricht, Vorkenntnisse wurden nicht vorausgesetzt. 

Mein Kurs Chinesische Politik im Wandel der Moderne befasste sich anfangs mit der neueren Geschichte Chinas seit der kommunistischen Revolution 1949 und einigen geographischen und demographischen Basics, um das Land grundlegend verstehen zu können. Dann sind wir eine Woche lang in die Innenpolitik Chinas eingetaucht. Ein Highlight für mich war dabei der Aufbau des Staates und der Kommunistischen Partei Chinas (KPC), welche oftmals schwer voneinander zu trennen waren.

Der „Unterricht“ war nicht vergleichbar mit dem klassischen Schulunterricht. Anstatt, dass unsere Kursleitung, zwei PhD-Candidates von der HU Berlin, frontal etwas erklärten, haben wir vieles in Gruppenarbeit durch eigene Recherche und viele (englische) Fachtexte erarbeitet. Rückblickend hat das wahrscheinlich zu einem Haufen Denglisch geführt…

Den großen Abschluss hat die eigene wissenschaftliche Ausarbeitung zu einem Thema aus der Politikwissenschaft …, ich habe mich dafür eingehender mit der politischen Legitimität der Volksrepublik China (VRC) beschäftigt. Es gab keine Bewertung, trotzdem wollte jeder eine möglichst gelungene Ausarbeitung schreiben. Gleichzeitig waren wir alle auch Meister des Aufschiebens, also wurden besonders in den letzten Tagen die Nächte länger und der Kaffeekonsum größer.

Was ist denn eine KüA?

Neben der Kursarbeit waren aber die KüAs das Herzstück der Akademie. Diese mystische Abkürzung steht für kursübergreifende Aktivitäten und umfasst alles, was außerhalb der Kurse passiert. KüAs werden von Teilnehmenden selbst organisiert und angeboten, manche Kursleitungen haben jedoch auch einige KüAs angeboten. Dabei kann sich eine KüA auch ganz spontan entwickeln, zum Beispiel, wenn man bis tief in die Nacht über Gott und die Welt diskutiert oder einfach mal ins Freibad geht. Gleichzeitig habe ich gemerkt, wie musikalisch die DSA ist: Wir hatten mehrere Chöre, eine Band und ein Geigen-Duo. Die Chancen jemanden spielen zu hören, wenn man sein Fenster öffnete, waren also sehr hoch.

MUN, Zoom, Party und Zukunftsabend

Neben diesen freien Angeboten gab es aber auch feste, geplante Aktivitäten von Seiten der Akademie. Eines davon war die Model United Nations (MUN), ein Planspiel, in dem wir eine Sitzung des UN-Menschenrechtsrats simulierten. Bei uns ging es um die Menschenrechtsverletzungen gegen die Uiguren in China, Ziel des Rats war eine Resolution (ein Beschluss), die China dafür verurteilt. Mein Partner und ich vertraten die NGO Women’s International League for Peace and Freedom und nach zwei Stunden wurde überwiegend gegen die Resolution gestimmt.

Ein anderes interessantes Event war unser zweitägiger Videoanruf mit chinesischen Schülern in Shanghai. Um sie nicht in Schwierigkeiten zu bringen, haben wir keine politischen Fragen gestellt, stattdessen haben wir uns über das Leben in unseren beiden Ländern und die Jugendkulturen unterhalten. Die Schüler waren extrem sympathisch, die Gespräche fand ich sehr bereichernd.

Neben einer Halbzeitparty und einem Poetry-Slam mit dem Rapper Scor fand kurz vor Abschluss der Akademie noch ein Zukunftsabend statt. Dort erzählten die Kursleitungen von ihren akademischen Lebensläufen, Stipendienmöglichkeiten und Herausforderungen nach der Schule.

Abschied und der CDE

Die Abfahrt rückte immer näher und die zwei Wochen schienen im Flug vergangen zu sein. Am Bunten Abend führte jeder Kurs (und natürlich alle musikalischen Gruppierungen) ein Stück auf, unser Kurs hat sich dafür im Schnellverfahren Ballett angeeignet und viele Lacher auf der Bühne provozieren können. Am Lagerfeuer ließen wir die Akademie dann in der Nacht ausklingen und ich ging mit gemischten Gefühlen ins Bett. Doch nicht für lange, denn um 6 Uhr schrillte der Feueralarm durch die Gänge – Fehlalarm. Bei der Gelegenheit erkannte ich jedoch, dass es nicht jeden aus dem Schlaf gerissen hat: Einige sind nämlich gar nicht erst schlafen gegangen.

Mit diesem unvergesslichen Ereignis ging dann das unvergessliche Erlebnis Schülerakademie zu Ende. Alle Alumni sind nach ihrer DSA-Zeit im Ehemaligenverein CDE miteinander verbunden und kaum endete die Akademie unter bitteren Tränen, begannen auch schon die Planungen eines Nachtreffens. Damit will ich sagen, dass ich auf der Deutschen Schülerakademie viele einzigartige Menschen getroffen und viele gute Freundschaften geschlossen habe. Zwei Wochen meiner Sommerferien waren das mehr als wert. Und der Trauer über den Abschied schließt sich die Sehnsucht nach dem nächsten Wiedersehen an.

Ich kann also nur jedem empfehlen, sich selbst um einen Platz in der Deutschen Schülerakademie zu bemühen – es bringt einen auf vielen Ebenen weiter.

Meine unvergessliche Zeit wäre nicht möglich gewesen, hätte Frau Herrmann mich nicht auf die DSA aufmerksam gemacht und zusammen mit Frau Krauskopf und anderen Lehrkräften die Empfehlung geschrieben. Danke dafür!

Miltiadis X., 12BL